Maxus T90 EV - Entwurfsstadium

Test Team RA | 14.03.2024

Pick-up Mit dem T90 EV hat Maxus den ersten elektrischen Pick-up auf den Markt gebracht. Ein Fahrzeug mit viel Raum, auch für Verbesserungen.

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Die chinesische Automobilindustrie überschwemmt den alten Kontinent und bringt einen stetigen Strom neuer Produkte und Marken mit sich. Eine dieser Marken ist Maxus, die 2011 aus der Asche des untergegangenen britischen Nutzfahrzeugherstellers LDV Group entstand, nachdem Saic 2010 das geistige Eigentum der LDV Group erworben hatte. Maxus gehört wie auch MG zum Riesen Saic (Shanghai Automotive Industry Corporation). Saic ist der grösste chinesische Automobilkonzern und in Europa vor allem für seine Joint Ventures mit der Volkswagen-Gruppe bekannt. Innerhalb dieses Konglomerats hat sich die Marke Maxus auf die Herstellung von Nutzfahrzeugen spezialisiert, die grösstenteils elektrisch betrieben werden. Dies ist auch beim T90 EV der Fall. Dieser Pick-up, der 2021 in Asien auf den Markt kam, hat zwei Jahre gebraucht, um den Weg in die Schweiz zu finden, wo er seit Mitte letzten Jahres erhältlich ist. Dies hindert ihn jedoch nicht daran, eine Schweizer Premiere zu feiern, denn er ist der erste Pick-up, der sich als Elektrofahrzeug bezeichnen kann. Der Ford F-150 Lightning, der Ende letzten Jahres auf den Markt kam, fällt den meisten als erstes ein, wenn es um das Thema elektrischer Pick-up geht – aber der eigentliche Erstling war trotzdem der Maxus.

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Trotz seines prominenten Kühlergrills mit den verchromten Lippen, die wie vom Schönheits­chirurgen aufgespritzt aus­sehen, ist das Design des Maxus für dieses Segment recht konsensfähig. Am Heck befindet sich eine Kunststoffleiste, in die der Markenname eingraviert ist. Über der Ladefläche verstärkt ein Überrollbügel den Abenteuer-Look. Also ein eher konventionelle Auftreten – das liegt auch daran, dass die EV-Variante direkt von einem bestehenden Modell mit Verbrennungsmotor abgeleitet wurde. In Asien bietet Maxus den T90 nämlich auch als Dieselversion an – dazu später mehr. Beim T90 EV wird der Antrieb nur durch eine einzige elektrische Maschine gewährleistet. Sie ist an der Hinterachse installiert und entwickelt eine Leistung von 130 kW (177 PS) und ein Drehmoment von 310 Nm.

Eingeschränkter Antrieb

Der Maxus ist also nicht in der Lage, Kraft auf die Vorderräder zu übertragen. Mit anderen Worten: Es gibt keinen Allradantrieb. Für einen Pick-up ist das ein ziemlicher Minuspunkt. Denn in dieser Fahrzeuggattung gehört Allrad ab Werk zum guten Ton, oder er sollte zumindest als Option erhältlich sein. Ausserhalb der Schweiz gibt es durchaus den T90 als 4×4, allerdings nicht mit Elektroantrieb. Wie bereits erwähnt, gibt es den Pick-up in anderen Märkten als Verbrennervariante mit Dieselmotoren von 120 kW (163 PS) bis 160 kW (218 PS) und – eben Allradantrieb.

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Der einzige elektrische Motor des Maxus wird von einer Batterie mit einer Bruttokapazität von 89 kWh gespeist, die von dem chinesischen Zulieferer Catl hergerstellt wird. Der theoretische Verbrauch (WLTP) des Fahrzeugs liegt bei 26.8 kWh/100 km, die Reichweite wird vom Hersteller mit 330 Kilometern angegeben. In Wirklichkeit ist die Reichweite sogar höher, das Fahrzeug verbrauchte auf der Normrunde der AUTOMOBIL REVUE bloss 22.2 kWh/100 km. Damit ist es in der Lage, fast 400 Kilometer zurückzulegen, was wirklich interessant ist. Leider ist aber die Ladegeschwindigkeit auf nur 80 kW begrenzt, was für ­eine Batterie mit dieser Kapazität sehr gering ist. Es dauert so 45 Minuten, um von 20 auf 80 Prozent zu kommen. Und sogar 13 Stunden, um den Akku an einer 7-kW-Steckdose von fünf auf 100 Prozent zu füllen, respektive neun Stunden an einer 11-kW-Wallbox.

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Hinten gehören die Starrachse und die daran angebaute elektrische Maschine zu den ungefederten Massen.

Da der elektrische Maxus nicht auf einer eigene Plattform aufbaut, wurden der Elektromotor und die Batterie nicht optimal in das Fahrzeug integriert. Die ist mit blossem Auge erkennbar: Die Batterie ist am Unterboden sichtbar und die elektrische Maschine ragt weit unter der Hinterachse hervor. Und leider ist dieser Motor mechanisch mit der Starrachse verbunden. Die grosse Starrachse und die E-Maschine gehören also beide zu den ungefederten Massen, was die Frage aufwirft, wie sich das alles auf das Fahrverhalten auswirkt.

Der Komfort bleibt auf der Strecke

Tatsächlich müssen wir feststellen, dass Maxus keine Wunder vollbracht hat. Schon auf den ersten Metern spürt der Fahrer, dass das Fahrzeug beim Fahren über kleine Unebenheiten auf dem Asphalt mehrfach zurückfedert. Und selbst die kleinsten Unebenheiten der Fahrbahn werden an den unteren Rücken der Insassen weitergegeben. Natürlich sind Pick-ups mit einer starren Hinterachse und Blattfedern selten besonders komfortabel, aber diese Konfiguration dämpft zumindest Vibrationen, wenn die Ladefläche leer ist. Beim Maxus klappt das nur bedingt, denn darunter gibt es immer viel ungefederte Masse. Die Fahrten mit dem elektrischen Pick-up haben jedenfalls nicht viel mit Fahrspass zu tun.

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Die zusätzliche Masse bringt jedoch nicht nur Nachteile mit sich. Der zusätzliche Ballast sorgt für eine bessere Traktion der Hinterachse. Wo die meisten Pick-ups beim dynamischen Anfahren oder in Kreiseln die Bodenhaftung verlieren, ist der Maxus souverän. Dank des Elektroantriebs ist die Beschleunigung progressiv und für die Zwecke eines Pick-ups völlig ausreichend. Die Höchstgeschwindigkeit ist auf 119 km/h begrenzt (125 km/h laut Tacho).

Da die Akkus unter dem Leiterrahmen montiert sind, scheinen sie den Elementen besonders ausgesetzt zu sein. Dies könnte sich bei Fahrten im Gelände negativ auswirken, da man sich leicht vorstellen kann, wie grosse Steine das Batteriepaket beschädigen können. Die unglückliche Anordnung der technischen Komponenten wirkt sich auch negativ auf die Werte für den Rampenwinkel und die Bodenfreiheit aus. Diese betragen 16 Grad sowie 187 Millimeter, während der König des Segments, der Ford Ranger, Werte von 21 Grad und 235 Millimeter aufweist.

Altertümlich, aber geräumig

Das Design des Innenraums wirkt etwas altmodisch, zum Beispiel bei der Mittelkonsole und dem Armaturenbrett. Die Verarbeitung ist dennoch ordentlich, und es gibt immerhin ein gewisses Mass an Technologie, das vor allem durch ein Multimediasystem gewährleistet wird, das auf einem Zehn-Zoll-Bildschirm basiert. Leider lässt die Reaktionsgeschwindigkeit etwas zu wünschen übrig. Ausserdem ist das System nicht wirklich umfassend, wenn auch recht detailliert. Für die Klimaanlage gibt es kein Menü. Um die Lüftung zu steuern, müssen die berührungsempfindlichen Tasten auf einer Konsole unter dem Bildschirm betätigt werden. Daraufhin erscheint aus dem Nichts ein Pop-up-Fenster für die Klimasteuerung auf dem Bildschirm. Leider bleibt dieses Fenster nur für einen sehr kurzen Moment bestehen und lässt den Insassen keine Zeit, die Einstellungen zu verfeinern. Die berührungsempfindlichen Tasten der Bedienleiste sind nicht wirklich praktisch.

In Bezug auf das Raumangebot ist der Maxus positiv zu bewerten, da auf den Rücksitzen zwei oder sogar drei Erwachsene bequem Platz finden.Der chinesische Transporter gehört zur Kategorie der mittelgrossen Pick-ups, der One-Ton-Pick-ups, wie sie im Englischen genannt werden. Das sind Transporter, die eine Nutzlast von einer Tonne auf ihre Ladefläche packen können. Im Falle des Maxus beträgt das maximale Ladegewicht 925 Kilogramm, was nicht ganz dem des Ford Ranger (1000 kg) entspricht. Mit einer Länge von 1485 Millimetern, ­einer Breite von 1510 Millimetern und einer Höhe von 530 Millimetern ist das offene Volumen im Heck ausreichend, um eine Vielzahl von Transportaufgaben zu erfüllen. Im Gegensatz dazu wurde der Raum, der normalerweise vom Verbrennungsmotor eingenommen wird, unter der vorderen Haube nicht genutzt, was sehr schade ist. Ein weiteres Manko ist die Anhängelast des Pick-ups. Sie ist mit 1000 Kilogramm viel geringer als die von Konkurrenten mit Verbrennungsmotor (Ford Ranger 3500 kg). Ein Auto auf dem Hänger zu transportieren ist nicht möglich. Tatsächlich ist seine Verwendung fast ausschliesslich auf kleine, ungebremste Anhänger mit einem Gewicht von bis zu 750 Kilogramm beschränkt.

Der in China und Thailand hergestellte Maxus-Pick-up richtet sich an Handwerker, Gärtner und Arbeiter. Aber vor allem Gemeindeverwaltungen, die sich zunehmend um die Dekarbonisierung ihrer Flotten bemühen, und Landwirte, von denen viele auf dem Dach ihrer Scheunen eindrückliche Fotovoltaikanlagen installiert haben, dürften sich für das Elektrofahrzeug begeistern. Die Verkaufszahlen des Maxus werden wohl trotzdem eher tief bleiben. Mit einem Einstiegspreis von 59 995 Franken ist der Pick-up dieser bislang unbekannten Marke teurer als die meisten seiner Konkurrenten, die zwar alle mit Verbrennungsmotoren ausgestattet, aber oft auch bekannter und besser verarbeitet sind. 

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Fazit

Die schlechte Integration der Batterie und der elektrischen Maschine beeinträchtigt die Qualitäten des Maxus T90 EV, eines relativ teuren elektrischen Pick-ups ohne Allradantrieb. Dennoch wird niemand seine Qualitäten wie gute Traktion, Verarbeitung und Geräumigkeit bestreiten.

Testergebnis - 68/100

Antrieb - 10/14

Die Leistung reicht völlig aus, und die Positionierung des Motors nahe an den Rädern erhöht die Effizienz und senkt den Verbrauch. Die Traktion ist hervorragend.

Fahrwerk - 18/28

Das Fahrverhalten des Maxus leidet sehr unter der grossen ungefederten Masse, die durch das Gewicht der Achse und der daran befestigten elektrischen Maschine induziert wird.

Innenraum - 20/28

Die Verarbeitung ist nicht schlecht, aber das Design des Innenraums wirkt etwas altmodisch, und die Ergonomie der Klimaanlage lässt zu wünschen übrig.

Sicherheit - 12/18

Es gibt nicht viele Fahrhilfen, aber der Bremsweg ist für ein Fahrzeug in diesem Segment in Ordnung.

Budget - 8/12

Mit fast 60 000 Franken ist der Maxus nicht gerade billig. Er ist sogar teurer als seine Konkurrenten. Aber er ist auch der einzige in diesem Preisbereich mit Elektroantrieb ...

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