Lexus LBX - Der noble Cousin

AR Testteam | 12.05.2024

Premium-SUV Der Lexus LBX 
ist ein technischer Cousin des Toyota Yaris Cross, aber deutlich luxuriöser und soll vor allem junge Kunden ­ansprechen. Schafft Lexus damit 
den Durchbruch in Europa?

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Während Lexus auf anderen Kontinenten, insbesondere in Nordamerika, erfolgreich ist, hat die Toyota-Tochter auf dem alten Kontinent nie wirklich den Durchbruch geschafft. Trotz der zahlreichen Anstrengungen des Unternehmens stagnierten die Verkaufszahlen mehr oder weniger. Die Toyota-Gruppe ist jedoch nicht dafür bekannt, zu resignieren und die Hände in den Schoss zu legen. Und was wäre besser geeignet, um die Verkaufszahlen von Lexus zu steigern als ein kleines Fahrzeug, das auch jüngere Menschen anspricht und sie langfristig an die Marke bindet? Aus diesem Grund wurde der neue LBX auf den Markt gebracht. Der LBX ist nicht der erste Versuch von Lexus, ein jüngeres Publikum anzusprechen. Bereits 2010 hatte sich die Marke mit dem CT im C-Segment der Kompaktklasse versucht. Doch dieser Konkurrent des Audi A3, der 1er-Serie von BMW und der A-Klasse von Mercedes-Benz hatte in seinem Segment (zu) starke Rivalen. Der LBX wird es etwas ruhiger haben, da er im B-Segment der City-SUV angesiedelt ist, in dem die Premiummarken weniger stark vertreten sind. Etwa Audi mit dem Q2 oder DS mit dem DS 3.

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Wie diese zwei Fahrzeuge, die auf gemeinsamen Plattformen der Konzerne, denen sie angehören (also Volkswagen und Stellantis), gebaut werden, übernimmt auch der LBX ein bestehendes Chassis, nämlich jenes des Toyota Yaris Cross. Hierbei handelt es sich um die TNGA-B-Architektur. Das ist aber noch nicht alles. Er bekommt vom kleinen SUV auch den Hybridantriebsstrang, der aus einem 1.5-Liter-Dreizylinder-Saugmotor und zwei Elektromaschinen besteht. Zusammen ergibt das eine Leistung von 100 kW (136 PS), das sind sechs PS mehr als beim Yaris Cross. Dieses Plus ist auf eine der beiden elektrischen Maschinen zurückzuführen, die leicht optimiert wurde. Das Drehmoment wird mit 185 Nm angegeben. Alle drei Einheiten arbeiten über ein Planetengetriebe zusammen. Darüber hinaus gibt es für den LBX den optionalen Allradantrieb E-Four, der eine zusätzliche dritte elektrische Maschine auf der Hinterachse addiert. Das hier getestete Exemplar verfügte über diese Technologie. Alle diese elektrischen Maschinen laufen mit der vom Verbrennungsmotor erzeugten (oder beim Bremsen zurückgewonnenen) Energie, die in einer sehr kleinen Nickel-Metallhydrid-Batterie mit einer Kapazität von nur einer Kilowattstunde gespeichert wird. Wie fühlt sich all diese Technik auf der Strasse an?

Hohe Drehzahlen keine Ausnahme

Es ist ein typisches Problem des Toyota-Antriebsstrangs, vor allem wenn er unterdimensioniert ist und ein schweres Fahrzeug antreibt: Im 1360 Kilogramm schweren LBX neigt der 1.5-Liter-Sauger dazu, bei Leistungsbedarf hochzudrehen. Das kommt auf Schnellstrassen mit Steigung genauso vor wie beim Überholen oder natürlich auch bergaufwärts. Das Shiftmatic-System, das das Gefühl eines manuellen Getriebes vermitteln soll, indem es sechs Gänge simuliert (die über die Schaltwippen am Lenkrad gewechselt werden), ändert daran nichts. Wenn eine Steigung ihren Tribut fordert, hat der Motor keine andere Wahl, als hochzudrehen. Bei der Steigung auf der A20 von Neuenburg nach La Chaux-de-Fonds NE ist es zum Beispiel nicht möglich, 100 km/h zu halten, ohne dass der Verbrennungsmotor auf 5500 U/min dreht, nur wenige hundert Umdrehungen vom roten Bereich entfernt – und das ununterbrochen! Kein Autofan kann es ertragen, seinen Motor so laufen zu sehen, und wird zwangsläufig langsamer fahren. Man fragt sich, wie ein solches Aggregat mehrere Hunderttausend Kilometer durchhalten kann. In Sachen Zuverlässigkeit müssen Toyota und Lexus aber nichts mehr beweisen, da sie häufig die Rangliste der besten Marken anführen. Ausserdem scheint Lexus hier von seinem Produkt überzeugt zu sein, da es eine Garantie von bis zu zehn Jahren oder bis zu 185 000 Kilometern gibt. Dennoch bleibt es dabei, dass der akustische Komfort gleich null ist. Beim Yaris Cross (der unter dem gleichen Problem leidet, s. Test AR 4/2022) kann man das noch verzeihen, aber bei einem Premiumfahrzeug ist das viel schwieriger zu ignorieren. Es ist klar, dass der LBX von einer Aufwertung seiner Antriebstechnik profitieren würde, was Lexus auch verstanden zu haben scheint (s. Box).

Glücklicherweise ist der Lexus ansonsten tadellos. Die Verarbeitung und die Materialauswahl sind schlicht hervorragend und auf einem Niveau, das in dieser Klasse selten – wenn überhaupt – erreicht wird. Der obere Teil des Armaturenbretts und die Türverkleidungen sind unterschäumt, und Alcantara bedeckt grosszügig das Armaturenbrett, die Türen und sogar den Mitteltunnel. Die Montage ist makellos, die Arbeiter im japanischen Werk Ohira haben keine Fehler gemacht. Nur in den unteren Bereichen gibt es noch einige harte Kunststoffe, insbesondere im Bereich der Ablagefächer und des Handschuhfachs. Aber das ist ein Makel, unter dem viele Autos leiden, sogar einige Oberklasselimousinen.

Knappes Raumangebot für mehr Geld

Vorne ist die Sitzposition gut, aber der Platz für die Ellbogen lässt nicht viel Bewegungsfreiheit. Hinten ist der Zugang durch die kleinen Türen erschwert. Die Kniefreiheit ist nicht für grosse Menschen geeignet. Im Kofferraum ist die Ladekante hoch und das Volumen muss sich mit 315 Litern begnügen. In der Version mit Frontantrieb ist es mit 402 Litern deutlich grösser. Das Mehr an Volumen gibt es sogar günstiger: Die Preise für den Lexus LBX beginnen bei 35 900 Franken. Für die besser ausgestatteten Versionen mit Allradantrieb (ab 45 400 Fr.) bezahlt man deutlich mehr. 

Testfazit

Die hervorragende Verarbeitung, seine ausgezeichnete Dynamik und sein sparsamer Verbrauch gehören sicherlich zu den Stärken des Lexus LBX. Zu den Schwächen zählt der unterdimensionierte Antriebsstrang, der ausserhalb der Stadt nicht wirklich zu überzeugen vermag.

Testergebnis 73/100

Antrieb 13/20

Hier liegt das Problem: Der Antriebsstrang ist unterdimensioniert. Bei Steigungen ist der Saugmotor gezwungen, sich abzureagieren, um ein normales Tempo zu halten.

Fahrwerk 12/15

Eine Mischung aus Sport und Komfort, das Fahrwerk ist zweifellos eine der Stärken des kleinen LBX.

Innenraum 18/25

Zu den Stärken zählen auch die Materialien und die Verarbeitung, an denen es nichts zu bemängeln gibt. Beim Bedienkonzept und beim Raumangebot gibt es dafür Luft nach oben.

Sicherheit 11/15

Einige Assistenzsysteme sind zu aufdringlich, und die Bremsen sind etwas unterdurchschnittlich.

Budget 19/25

Während die Version mit Frontantrieb zu einem recht vernünftigen Preis erhältlich ist, ist die AWD-Variante deutlich teurer. Aber es ist ein Privileg, in diesem Segment über eine solche Premiumalternative zu verfügen.

Das SUV des Chefs

Der Lexus LBX Morizo RR Concept, ein technisch aufgewerteter Cousin des Toyota GR Yaris, hat einen Motor, der allein viel stärker ist als der ganze Antriebsstrang des LBX Hybrid. Unter der Haube des Fahrzeugs ohne Hybridtechnik steckt ein 1.6-Liter-Dreizylinder-Turbobenziner mit 305 PS und 400 Nm. Die Leistung wird über einen Allradantrieb und ein Achtgang-Automatikgetriebe von Aisin an alle vier Räder geleitet. Die Bezeichnung Morizo ist eine Anspielung auf das Pseudonym Morizo Kinoshita, das Akio Toyoda, der ehemalige Chef von Toyota, der jetzt Vorstandsvorsitzender ist, verwendete, wenn er Rennen fuhr. Der Mann war an der Entwicklung dieses Prototyps beteiligt, der in der Tat in Serie gehen soll. Es ist jedoch nicht bekannt, ob diese scharfe LBX-Variante auch in Europa auf den Markt kommt – aber wir hoffen es! OD

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