Porsche 718 Spyder RS – Wer zuletzt lacht

AR-Testteam | 30.05.2024

Geheimtipp Auf 1200 verkaufte Porsche 911 kamen 2023 hierzulande nur 78 Porsche Boxster. Der 718 Spyder RS, ein ­wahrer Kraft-Boxster, fliegt völlig unter dem Radar – dafür schnell!

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Warum sollte man 200 000 Franken in einen Coiffeusen-Porsche vom Schlag eines 718ers versenken? Diese Frage stellt man sich beim 718 Spyder RS womöglich noch, wenn man versucht, das geknöpfte Fetzendach in den dafür vorgesehenen Schacht oder, besser gesagt, ins entsprechende Ablagefach zu wursten. Porsche darf das, die Zuffenhausener können ungestraft eine Stoffmütze auf einem Auto verbauen, das Uneingeweihte locker um die Hälfte billiger einschätzen, als es tatsächlich kostet. Und das Dach leckt auch noch. Allerdings ist das bei himmlischen Sturzbächen ziemlich egal, denn dann gilt es, die Fuhre auf ihren Semislicks unter Kontrolle zu halten. Dann werden zu allem anderen auch die Handinnenflächen nass. Sollte man nun Bedauern haben mit den unerschrockenen Testern, die sich die Mühe genommen haben, dieses Auto unabhängig von der Witterung zu testen? Überhaupt nicht! Denn wieder einmal – darüber darf man sich als Porsche-Verächter herzhaft aufregen oder sich als Porsche-Enthusiast diebisch freuen – hat man es in Zuffenhausen perfekt verstanden, wie man ein sportliches Auto mit einer umso sportlicheren Wärme-Kraft-Maschine ausrüstet. Und um den RS-Motor geht es in diesem Test zur Hauptsache. Nein, es geht auch um das Fahrwerk und – doch, das gehört mit dazu – das mühselige Dach, um dieses nicht zu vergessen, das Ding. Somit können wir bereits zu Beginn unseres Testberichts verraten, dass es beim 718 Spyder RS und diese drei Dinge geht: Motor, Fahrwerk und Dach respektive Nicht-Dach, also Dach weg! Das würde ein äusserst leichter Test werden – wie wir zunächst dachten.

Grosse Nummern

Ab 6000 Umdrehungen beginnt er seine Arien zu trällern, bis 9000 lässt sich das 500-PS-RS-Aggregat drehen, dann trompetet es. Der Vierliter-Sechszylinder-Boxer macht es einem äusserst schwer zu begreifen, dass dieser bei so vielen freudvollen Eigenschaften wie Leistung, Durchzug, Sound, Einbaulage wegen eines einzigen, kleinen dunklen Flecks in spätestens zwei Jahren in der Versenkung landen soll: Er emittiert CO2! Gewiss, Porsche laboriert an einem Kontingent von E-Fuel herum das nach dem Motorsport dereinst womöglich auch für Klassiker und Liebhaberfahrzeuge zur Verfügung stehen wird, so unser aller Hoffnung. Die lautesten Stimmen haben aber bereits entschieden: Die Zukunft soll elektrisch werden. Wo sonst als im Fahrersitz des 718 Spyder RS könnte sich die Idee verdichten, dass die Elektrifizierung des Strassenverkehrs womöglich grosser Mist ist? Zumindest hier und jetzt, wenn man bereit zu einem lustvollen Dialog mit einer der fahraktivsten Maschinen ist, die es derzeit auf dem Markt zu kaufen gibt, ist dies der erste Gedanke.

Rund 1.4 Tonnen wiegt der Spyder RS. Frontdeckel, Aussenspiegel-Oberschalen, Kühlluft-Einlassblenden hinter der Fahrer- und Beifahrertür, weitere – Porsche nennt sie Prozessluft-Einlässe – hinter Fahrer und Beifahrer, das Gehäuseoberteil der dritten Bremsleuchte, die Blende am Überrollbügel sowie eine zusätzliche Abrisskante, ein Gurney-Flap, auf dem feststehenden Heckspoiler bestehen aus Karbon, wählt man wie beim Testwagen das Weissach-Paket. Auch etwas Minimalismus zeichnet diesen 718er aus. Das Lenkrad beispielsweise trägt nicht eine einzige Taste, und die Türen werden mit Stoffschlaufen geöffnet und zugezogen. So richtig nackt wirkt der Spyder RS dennoch nicht. Es gibt alles, was ein modernes Auto bieten kann: Infotainment, Klimaanlage und so weiter. Aus Mangel an Platz auf dieser Doppelseite sparen wir uns deren nähere Beschreibung und kommen zu den wesentlichen Dingen dieses Autos.

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