Klein und gross, schnell und langsam, schön und ... – der jüngste Elektro-Volkswagen steckt voller Widersprüche. Er sieht so aus, wie die gesamte VW-ID-Generation daherkommt: recht nüchtern, aber unterkühlt-elegant. Die weisse Farbe unseres Testwagens unterstreicht dies zusätzlich. Auch innen wirkt der ID.7 ausgesprochen sachlich, bietet aber reichlich Raum für die Insassen. Das Instrumentenbrett ist nur noch ein schmaler Schlitz, der sich vor dem Lenkrad von der A-Säule nach rechts bis zu einem die Szene dominierenden Bildschirm spannt. Die Anzeigen, natürlich digital, werden von einem wenige Finger breit darüber an die Frontscheibe projizierten Head-up-Display ergänzt. Gelegentlich wirkt dies, bedingt durch die Nähe der beiden Anzeigen, etwas redundant, beide liegen im direkten Sichtbereich. Dafür kann niemand mehr behaupten, die Tempoanzeige oder einen der vielen anderen Warnhinweise, die der ID.7 bereithält, nicht gesehen zu haben. Ein grandioses Feature, wenn wir bereits beim Thema Warnhinweise sind, bilden die als Augmented Reality umgesetzten Navi-Hinweise oder die eingeblendeten Leitlinien, wenn man diesen bei der Fahrt auf der Autobahn zu nahe kommt. Das verleiht der Nähe der beiden Anzeigen letztlich Sinn und geht auch nicht zu Lasten der Sicherheit, weil die ganzen Symbole nur dann eingeblendet werden, wenn es sie braucht.
Die Bedienung des ID.7 folgt den jüngsten Bestrebungen im Volkswagen-Konzern. Die polarisierenden Touchflächen, die für den ID.7 optional auch auf dem Lenkrad erhältlich sind, funktionieren zusätzlich nun auch als Drucktasten für dieselben Aktionen. Zur Wahl der Fahrtrichtung, von Getriebe brauchen wir hier nicht zu schreiben, sitzt rechts hinter dem Lenkrad ein Lenkstockhebel, die Richtungswahl erfolgt ID-like durch Drehen. Die Scheibenwischer werden über ein winziges Schalterchen bedient, das im links angebrachten Blinkerhebel integriert ist. Aber wer trägt heute noch Handschuhe beim Autofahren ...
Rituale sind überflüssig
Wie oft entpuppen sich eingeübte Rituale und Gewohnheiten, von denen uns manche heilig sind, durch den Lauf der Zeit und die fortschreitende Entwicklung als überflüssig? Der ID.7 räumt mit einigen typischen Ritualen rund ums Auto auf. So gibt es keinen Startknopf mehr. Befindet sich der Schlüssel einmal im Auto, braucht man nur noch den Fahrschalter in die gewünschte Richtung zu drehen. Das mag bei einem E-Auto Sinn machen, denn man muss ja keinen Motor starten. Aber es wirkt wie der Besuch in einem Restaurant, wo der Kellner ohne jegliche Begrüssung gleich die Bestellung aufnimmt. Das ist bestimmt zeitsparend, aber irgendwie auch emotionslos. Andererseits passt dies wohl in unsere hektische Zeit: Hinein ins Auto und ohne lange Formalitäten losfahren!
Platzwagen – Reisewagen
Doch in punkto Emotionen tut sich der ID.7 auch anderweitig eher schwer, etwas mehr Witz und Schalk täten dem Wagen gut. Dieses Auto wirkt auf den ersten Blick so ernst wie früher die Zeitansage per Telefon. Doch ist der ID.7 einmal in Fahrt, gefällt er mit seiner Spontaneität bei Geschwindigkeitswechseln, wie sie bei Verbrennern nur bei Motoren mit Einzeldrosselklappen zu finden ist. Diese Bereitschaft zeichnet, typisch für ein Elektroauto, auch den grossen Strom-VW aus.
Nicht so richtig warm wurden wir hingegen mit der Lenkung. Sie kaschiert das Gewicht des Autos in keiner Weise und wirkt in der Mittellage reichlich diffus. Auch die Rückstellkräfte dürften wesentlich ausgeprägter sein, eine saubere Linie zu fahren, wird so zur Herausforderung. Einen Grund für diese eher lusttötende Charakteristik konnten wir nicht feststellen. Beim Fressen von Autobahnkilometern bei Aktivierung aller verfügbarer Assistenten spielt dies kaum eine Rolle, doch wer eine kurvige Landstrasse als nette Einladung zu etwas Lustgewinn versteht, liegt mit diesem «Siebner» daneben. Zudem bringt die Federung – aufgrund des Gewichts straff abgestimmt, aber in Bezug auf ein gutes Komfortgefühl und ein geschmeidiges Abrollverhalten etwas zu wenig gedämpft – bei forscherer Fahrt reichlich Unruhe in den Wagen. Er wippt und schaukelt, anders als bei der Lenkung merkt man hier überdeutlich, dass es galt, das Leergewicht von rund 2.2 Tonnen zu kaschieren.