Angepasst ist anders

AR-Testteam | 14.03.2024

Auffällig Auch in der zweiten Generation sieht der Toyota C-HR noch eher aus wie ein Concept-Car als ein Serienfahrzeug. Aber: Das Kompakt-SUV ist Toyotas wichtigstes Modell für Europa.

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Auch im Grau der Stadt fällt der dezent schwarze Toyota C-HR auf – extravaganten Formen sei Dank.

Der Toyota C-HR will vor allem eines: auffallen. In der schier unendlichen Masse an Kompakt-SUV ist dies auch dringend nötig, um sich noch irgendwie abzuheben. Bereits mit der ersten Generation, die 2016 vorgestellt wurde, setzte er mit seiner auffälligen Gestaltung Massstäbe in Sachen Wiedererkennungswert. Die zweite Generation des C-HR sticht nicht minder ins Auge. Die Linien sind mutig kantig, die Front orientiert sich am elektrischen bZ4X, und die geschwungenen Scheinwerfer kennt man bereits aus dem neuen Prius. In der Heckansicht dominieren die ausladend geformten Rückleuchten. So fällt unser Testwagen trotz dezenter, schwarzer Lackierung auf im Stadtverkehr.

Der Toyota C-HR war einer von sieben Finalisten der Wahl zum Car of the Year 2024, gehört also zu den besten Autos des Jahres. Da braucht es mehr als nur ein ausdrucksstarkes Auftreten. Und das kann Toyotas kleines SUV bieten, sein stärkstes Argument sind die effizienten Antriebe. Die Motorpalette beginnt beim 1.8-Liter-Hybrid mit 103 kW (140 PS) und gipfelt im 164 kW (223 PS) starken Plug-in-Hybrid, den man auch aus dem neuen Prius kennt. Unser Testwagen liegt dazwischen, sein Antrieb kombiniert einen 112 kW (152 PS) starken Zweiliter-Benziner mit einem Elektroantrieb zu einer Systemleistung von 145 kW (198 PS). Und punktet vor allem mit Allradantrieb.

Analog und digital

An der Hinterachse arbeitet ein 30 kW (41 PS) starker Elektromotor. Der Verbrennungsmotor wirkt ausschliesslich auf die Vorderachse, wo er von ­einer 83 kW (113 PS) starken E-Maschine unterstützt wird. Bereits seit Toyota mit dem Prius den Hybridantrieb quasi massentauglich gemacht hat, beweisen die Japaner ihr Ingenieurskönnen vor allem durch die faszinierende Symbiose der verschiedenen Antriebe. Das ist auch im C-HR der Fall, der kennfeldgesteuert einen Elektromotor oder den Verbrennungsmotor arbeiten lässt. Was technisch faszinierend ist, schlägt sich auch im Verbrauch nieder. 5.1 l/100 km gibt der Hersteller an, 4.8 Liter waren es auf der AR-Normrunde. Bei flüssiger Autobahnfahrt liegt der Verbrauch sogar noch einmal tiefer, sodass der 43-Liter-Tank für über 900 Kilometer ausreicht.

Mit dem Facelift des Corolla führte Toyota ­eine neue Motorelektronik ein, die Informationen von den Sensoren der Assistenzsysteme erhält. Das unterstützt beim vorausschauenden Fahren – auch wenn der Fahrer nicht allzeit über die eigene Motorhaube hinausschaut. So nimmt die Elektronik Gas weg oder rekuperiert stärker, wenn das vorausfahrende Fahrzeug verlangsamt oder wenn am Ortseingang abgebremst werden sollte. Und das auch, wenn der adaptive Tempomat nicht aktiviert ist. Auch wird beim Loslassen des Gaspedals deutlich stärker verzögert, als man dies von einem Verbrennungsmotor erwarten würde, was eine sanfte Vorstufe des Ein-Pedal-Fahrens ermöglicht. Im ersten Moment ist das alles etwas überraschend, schnell gewöhnt man sich aber an die subtile Unterstützung, die durch die neue Elektronikarchitektur möglich wird.

Etwas mehr Angewöhnungszeit braucht das CVT-Verhalten, das Motordrehzahl und Raddrehzahl entkoppelt. Wenn wir ehrlich sind, haben wir uns in all den Jahren nicht daran gewöhnt und werden uns wohl auch nie daran gewöhnen. Aber Toyota bekam das über die Jahre immer besser in den Griff. Das E-CVT, das dem Verbrennungsmotor eine E-Maschine und ein Planetengetriebe nachschaltet, arbeitet harmonisch. Dass der energetisch ideale Betriebspunkt des Benzinmotors meist nicht mit der Geschwindigkeit übereinstimmt, liegt in der Natur der Sache. Das macht sich in der neuen Generation des Hybridantriebs aber fast nur noch unter Last bemerkbar. Gerade im GR-Sport-Trimm, in dem unser Testwagen daherkommt, wünschte man sich hier virtuelle Fahrstufen, die der C-HR nicht bietet.

So entsteht beim Antrieb eine gewisse Diskrepanz zwischen dem sportlichen Auftreten und dem Fahrverhalten des Autos. Zumal die Ausstattungslinie GR Sport mehr ist als nur Kosmetik. Auch das Fahrwerk ist straffer abgestimmt als bei den übrigen Varianten und behebt damit auch den grössten Kritikpunkt des Vorgängers, die gar weichen Dämpfer. Im Interieur sind es die sportlichen Sitze mit ordentlichem Seitenhalt und das GR-Emblem am Lenkrad, die die Topausstattungslinie auszeichnen. Das Cockpit ist fahrerorientiert mit einer Abtrennung rechts der Mittelkonsole zum Beifahrer hin. Die Kontrolle gehört dem Fahrer. Und der soll sich auf die Strasse konzentrieren, was durch das Bedienkonzept unterstützt wird, das für wichtige Funktionen wie die Klimabedienung auf analoge Knöpfe setzt.

Ein echter Toyota

Das Platzangebot im Toyota C-HR ist dem Segment entsprechend. Beim Plug-in-Hybrid nimmt die Hochvoltbatterie dem Kofferraum etwas Platz weg, im Vollhybrid fällt die Batterie klein aus und beeinträchtigt das Platzangebot nicht. In unserem Testwagen mit Allradantrieb nimmt der zusätzliche Elektromotor an der Hinterachse dank guten Packagings nur minimal Platz in Anspruch, sodass das Kofferraumvolumen im Vergleich zum Fronttriebler von 430 auf 424 Liter sinkt. Auf der Rückbank ist die Kopffreiheit etwas eingeschränkt wegen der abfallenden Dachlinie. C-HR steht für Coupé High Rider, und die Coupélinie ist tatsächlich ausgeprägt. Es ist die Umkehrung der Devise «Form follows function», die einzigartige Form von Toyotas Kompakt-SUV ist zum Nachteil der Funktionalität.

Im Kern ist auch der C-HR ein echter Toyota, das freche Auftreten mit netten Elementen wie dem beleuchteten Schriftzug am Heck ist Kosmetik. Ganz nach Toyotas Maxime, für jeden das richtige Auto zu bauen und nicht Luxuskarossen für ­einige wenige. Die Materialien im Innenraum sind grundsolide, der grosszügige Einsatz von Hartplastik wirkt rustikal. Für Auflockerung sorgen im GR-Sport-Trimm die Alcantarabezüge und die umlaufende Ambientebeleuchtung. Und dann sind es Details, die den rustikalen Charakter unterstreichen, wie das laute Klacken, wenn die Türgriffe beim Losfahren automatisch Einklappen. Dafür ist das Gebimmel des Geschwindigkeitswarners dezenter als bei vielen anderen Herstellern. Wer es ganz loswerden will, der muss sich allerdings mühsam durch die Menüs klicken. Ansonsten überzeugt der C-HR mit einem umfangreichen Angebot an Fahrassistenten wie einem Querverkehrswarner vorne und hinten oder einer hochauflösenden 360-Grad-Kamera. Der digitale Innenspiegel ist Gewöhnungssache, vergrössert aber das – durch die kleine Heckscheibe begrenzte – Sichtfeld nach hinten.

Preislich deckt Toyotas Kompakt-SUV eine grosse Spannbreite ab, beginnt bei günstigen 36 900 Franken. In der Topausführung GR Sport müssen aber bereits mindestens 51 100 Franken locker gemacht werden, unser Testwagen bringt es mit Optionen sogar auf 55 231 Franken. 

Testfazit

Das Markenzeichen des Toyota C-HR ist sein auffälliges Design. Unter dem hübschen Blech stecken aber solide Technik und verbrauchsarme Hybridantriebe – inklusive elektrischen Allradantriebs. Nachteil der coupéhaften Dachlinie: Das Platzangebot ist auf den Rücksitzen und im Kofferraum eher knapp.

Testergebnis 69/100

Antrieb 13/20

Toyota beweist auch beim C-HR Hybridkompetenz. Mit einem Verbrauch von 4.8 l/100 km auf der AR-Normrunde positioniert sich das Kompakt-SUV unter dem Durchschnitt im Segment.

Fahrwerk 10/15

Im GR Sport ist das Fahrwerk des Toyota C-HR straff, aber ausgewogen abgestimmt und behebt damit einen Kritikpunkt am Vorgänger.

Innenraum 16/25

Grundsolides Hartplastik wird mit Alcantara und einer Ambientebeleuchtung aufgelockert. Das Platzangebot ist gerade auf der Rückbank etwas knapp.

Sicherheit 11/15

Bei unserem Testwagen sorgen Querverkehrswarner vorne und hinten und eine 360-Grad-Kamera für Sicherheit. Die Klimabedienung über echte Knöpfe vermeidet Ablenkung von der Strasse.

Budget 19/25

In der Basisvariante ist der Toyota C-HR mit einem Preis von 36 900 Franken durchaus kompetitiv. Die höheren Ausstattungsvarianten kosten aber ordentlich viel Geld.

Fotos: Vesa Eskola, Text: Ramon Egger

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