In 80 Minuten kaum etwas gesagt

Cédric Heer | 13.06.2024

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Cédric Heer ist Chefredaktor der AUTOMOBIL REVUE.

Nein, ich will hier keine TV-Kritik zum SRF-«Club» vom vorletzten Dienstag beginnen. Immerhin werden wohl die wenigsten die Sendung überhaupt gesehen haben. Allerdings lohnt es sich, sie nochmals zu schauen, weil sie den Zwist in der Schweizer Klimapolitik exemplarisch aufzeigt. Deshalb möchte ich doch kurz auf die wichtigsten Argumente und die Haltung der spannenden Gäste blicken. Eingeladen waren die 74-jährige Pia Hollenstein, Mitbegründerin des Vereins Klimaseniorinnen Schweiz, die 21-jährige Magdalena Erni, Co-Präsidentin der Jungen Grünen, FDP-Ständerat Andrea Caroni, SVP-Nationalrat Christian Imark sowie zwei Experten für Völker- und Umweltrecht.

Was die Truppe so illuster macht, ist die grundsätzlich verschiedene Haltung der Akteure und ihr gemeinsames Talent, sich kaum auf das Gegenüber einzulassen. Hier die zwischen Hoffnung und Verzweiflung pendelnden Klimaaktivistinnen, repräsentiert durch Jung und Alt, dort die zwei gestandenen Politiker, die kaum einen Millimeter von ihrem Standpunkt abweichen. Trotz einer Sendungsdauer von 80 Minuten, in denen nur geredet wird, kommt keine wirkliche Diskussion auf. Pia Hollenstein klagt, wie sehr die zunehmend häufigeren Hitzetage auf das Gemüt und die Gesundheit älterer Frauen schlagen. Bei Magdalena Erni spürt man, dass das Klima eine Herzensangelegenheit ist, gegenüber den Berufspolitikern fehlt ihr aber die Souveränität – oder die Abgebrühtheit. Andrea Caroni erklärt unentwegt die verwirrende Wortwahl und seine eigene Leistung in der vom Parlament verfassten Erklärung an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte. Und Christian Imark will ohnehin nicht, dass sich Europa in Schweizer Angelegenheiten einmischt, und betont bei jeder Gelegenheit, dass die Schweiz Atomstrom braucht, um nicht auf das «Wohlstandsniveau von Burkina Faso» zu fallen.

Dass die aktuellen Ereignisse rund ums Klima zu unterschiedlichen Meinungen führen, ist klar. Dass daraus ein Disput entsteht, ist wichtig. Dass man seinem Gesprächspartner jedoch über eine Stunde lang nur zuhört, um ihm anschliessend mit den immer gleichen drei Sätzen zu antworten, bringt den Diskurs kaum weiter – das ist leider nicht nur in diesem Beispiel zu beobachten. Klar, eine TV-Sendung steht nicht stellvertretend für den politischen Alltag. Was sie aber schön zeigt, sind die Momente, in denen die Kamera kurz vergessen wird. Wenn etwa Magdalena Erni zähneknirschend ein verkrampftes Lächeln aufsetzt. Oder wenn Christian Imark mahnend den Finger in Richtung der Gegner hebt, um die vermeintliche Brisanz seiner Aussage zu unterstreichen. Weit kommt man mit einer solchen «Diskussion» nicht – zumindest nicht in diesen 80 Minuten.

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