Hyundai Ioniq 9: Viel Luxus und Platz fürs Geld

Dave Schneider | 09.03.2025

Mit dem Ioniq 9 baut Hyundai sein Elektro-Portfolio nach oben aus. Das bis zu siebensitzige SUV macht vieles anders als sein Bruder Kia EV9. Wir waren auf Testfahrt in Korea.

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Die Hyundai-Gruppe mit den Marken Hyundai, Kia und Genesis ist inzwischen der drittgrösste Autohersteller der Welt. 2024 setzte der Konzern weltweit rund 7.3 Millionen Fahrzeuge ab, wovon 4.1 Millionen auf das Konto von Hyundai gehen. Besonders im Bereich der Elektromobilität konnten sich die Südkoreaner in den letzten Jahren profilieren: Mit der 800-Volt-Plattform E-GMP, die von allen drei Marken für diverse Modelle genutzt wird, hat der Hersteller aus Seoul neue Standards gesetzt. Entsprechend umfangreich sind die Elektro-Portfolios von Hyundai, Kia und Genesis.

Angebot nach oben und unten ausgebaut

Was bei Hyundai lange gefehlt hat, ist ein günstiges Einstiegsmodell in die E-Mobilität. Das wurde mit dem kürzlich lancierten Inster (ab 23’990 Franken) nachgeholt – nun widmen sich die Koreaner dem anderen Ende der Modellpalette. Denn mit dem 5.06 Meter langen Ioniq 9 bringt Hyundai einen stattlichen SUV mit bis zu sieben Sitzen auf den Markt, der dank einer riesigen Lithium-Ionen-Batterie mit einer Kapazität von 110.3 kWh eine WLTP-Reichweite von bis zu 620 Kilometern schafft.

«Der Ioniq 9 verkörpert das unerschütterliche Engagement und Vertrauen von Hyundai in die Elektrifizierung», sagt Hyundai-Chef Jaehoon Chang. «Basierend auf der hochgelobten E-GMP-Plattform bietet das Modell ein hervorragendes Platzangebot im Innenraum, das den Kunden einen einzigartigen Mehrwert bietet und gleichzeitig unsere Führungsposition auf dem globalen EV-Markt stärkt.»

Optik: Wow!

Das klingt so spannend, dass wir für eine erste Probefahrt um den halben Globus nach Korea geflogen sind; im Spätsommer 2025 kann der Ioniq 9 dann auch bei uns gefahren werden. Erster Eindruck: «Wow!» Der Ioniq 9 sieht sehr edel aus, hat etwas von Volvo und von Range Rover, wirkt aber dennoch eigenständig. Besonders in der Frontansicht, wo das für die Ioniq-Modelle typische Pixel-Tagfahrlicht, das sich beim Ioniq 9 quer über die gesamte Fahrzeugbreite zieht, die Blicke auf sich zieht.

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Innen wiederholt sich dieser Eindruck: Auch hier sieht es überraschend hochwertig und luxuriös aus. Überraschend deshalb, weil Hyundai preislich in einem deutlich tieferen Bereich angesiedelt ist als die bekannten Premiumhersteller, mit diesem Modell aber durchaus mithalten kann, wenn nicht sogar vorlegen – das betrifft zumindest die von uns gefahrene Topvariante «Caligraphy».

In diesem Trim-Level ist der gesamte Innenraum mit edel wirkenden Materialien ausstaffiert, wobei die Koreaner grossen Wert auf Nachhaltigkeit gelegt haben: Das Leder wurde biologisch behandelt, ausserdem sind Textilien aus recycelten PET-Flaschen oder aus Wolle verbaut. Innovativ: Der Oberflächenlack auf einigen Dekorblenden wird aus recycelten Reifenabfällen hergestellt.

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Bis zu sieben Personen können im Ioniq 9 reisen. Die von uns gefahrenen Topversion ist ein Sechsplätzer und hat in der zweiten Reihe zwei feudale «Relax-Sitze», die nicht nur in eine komfortable Lounge-Position gebracht, sondern auch um 180 Grad gedreht werden können. Das Platzangebot in der dritten Reihe ist verhältnismässig grosszügig, der üppige Radstand von 3.13 Metern macht sich hier bezahlt, und der Zugang dahin ist auch für Unsportliche zu schaffen.

Praktisch: Das Umklappen der Sitze in der zweiten und dritten Reihe funktioniert elektrisch und kann auch bequem vom riesigen Kofferraum aus erledigt werden. Mit aufrechter dritter Sitzreihe passen noch immer bis zu 338 Liter in den Kofferraum. Sind alle umgeklappt werden daraus 2419 Liter. Hinzu kommt ein Frunk, der in der Version mit Heckantrieb 88 Liter und in der Allradversion 52 Liter fasst.

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Überall im Fahrzeug sind praktische Ablagen, Steckdosen und USB-C-Anschlüsse verteilt – im Kofferraum gibt es zudem eine Haushaltssteckdose. Die um 19 Zentimeter verschiebbare Mittelkonsole in der ersten Reihe lässt sich auch von der zweiten Reihe aus öffnen – sie 5.6 Liter Stauraum in der oberen Ablage sowie 12.6 Liter in der unteren Schublade.

Er fährt sanft und kommod

Los geht es also auf die ausgedehnte Probefahrt von Seoul in die 440 Kilometer entfernte Hafenstadt Busan im Südosten Südkoreas. Was gleich auffällt: Der Ioniq 9 rollt sehr manierlich ab und ist sehr gut schallisoliert, was bei einem leisen Elektroauto besonders wichtig ist. Hierzu trägt neben konstruktiven Massnahmen wie Verbundglasfenstern oder einer dreifachen Abdichtung in allen Bereichen auch die hervorragende Aerodynamik bei – der Cw-Wert von 0.26 mit digitalen respektive 0.27 mit herkömmlichen Aussenspiegeln ist für einen solchen Koloss erstaunlich gut.

Apropos digitale Rückspiegel: Hyundai hat dieses umstrittene Feature vorbildlich gelöst, mit gut im Sichtfeld platzierten Monitoren und einem hellen, kontrastreichen Kamerabild. Wir würden dennoch die klassischen Spiegel vorziehen.

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In Seouls dichtbefahrener Innenstadt zeigt sich, dass dem über fünf Meter langen SUV eine Hecklenkung gutgetan hätte – die gibt es aber leider nicht. Auch auf eine Luftfederung wurde verzichtet, doch das Fahrwerk mit klassischen Stahlfedern macht einen guten Job, wie die zahllosen Temposchwellen, die es in Südkorea gefühlt alle fünfhundert Meter gibt, eindrücklich verdeutlichen.

Ansonsten gibt es am Fahrverhalten nichts zu bemängeln, der Koreaner fährt unaufgeregt durch Kurven, ohne gross zu wanken, und das hohe Gewicht von mindestens 2470 Kilogramm macht sich höchstens beim Anbremsen bergab bemerkbar.

Mit Heck- und Allradantrieb

Der Ioniq 9 wird als Long-Range-Version mit Heckantrieb und 160 kW (218 PS) Leistung oder mit Allradantrieb mit einem zusätzlichen 70-kW-Motor (95 PS) an der Vorderachse angeboten. Topmodell ist die Performance-Variante mit je einem 160-kW-Motor vorne und hinten. Dieses Modell sprintet in 5.2 Sekunden auf Tempo 100, die Long-Range-Version mit Allradantrieb benötigt 6.7 Sekunden, der Hecktriebler 9.4 Sekunden.

Geladen wird dank 800-Volt-Technik ultraschnell mit bis zu 250 kW (DC) – damit vergehen für das Laden von 10 auf 80 Prozent im Idealfall nur 24 Minuten. Zuhause an der Wallbox lädt der Koreaner mit 11 kW (AC).

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Mit der grossen Batterie, der hohen Ladeleistung und dem sehr komfortablen Innenraum ist der Ioniq 9 prädestiniert für lange Strecken – und tatsächlich steigen wir nach knapp fünf Stunden Fahrt frisch und erholt in Busan aus, wozu auch die bequemen Sitze inklusive Klimatisierung und Massage-Funktion beigetragen haben. Insgesamt ist der Koreaner ein vielseitiger, sehr geräumiger und angenehm zu fahrender SUV, der hierzulande gut ankommen dürfte.

Schweizer Preise folgen

Schweizer Preise sind noch nicht bekannt – wir vermuten einen Preisbereich von 65’000 bis 90’000 Franken. Ein Vergleich mit dem technisch eng verwandten Schwestermodell Kia EV9 macht keinen Sinn, schliesslich unterscheiden sie sich bezüglich Batteriegrösse und Ausstattung deutlich.

Bildergalerie Hyundai Ioniq 9

Bilder: Hyundai

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