Hanno Boblenz | 16.12.2024
Bei Mercedes hängt viel vom Erfolg der kommenden kleinen und kompakten E-Modelle rund um den CLA ab. Helfen soll die 800-Volt-Technik.
Es ist eisig kalt, die Strasse zum Timmelsjoch hinauf dick verschneit, aber Markus Kern steht die Vorfreude auf eine flotte Fahrt ins Gesicht geschrieben. Der Ingenieur ist mit für den E-Antrieb des neuen CLA verantwortlich, der im Herbst 2025 auf den Markt kommt. Wir sitzen in einem Vorserienmodell, dessen Cockpit sich samt Bildschirm im XL-Breitformat noch hinter Tarnblenden versteckt.
Der CLA basiert auf der neuen MMA-Elektroplattform mit 800-Volt-Technik. Die Mercedes Modular Architektur soll der Marke den Durchbruch im wichtigen Kompaktsegment bringen, der den bisherigen 400-Volt-Modellen EQA und EQB versagt blieb. Mit bis zu 320 kW soll der neue CLA in nur zehn Minuten Strom für 300 Kilometer Reichweite laden und mit einer Füllung des 85 kWh grossen Akkus 750 Kilometer weit kommen.
Die Coupé-Limousine bildet aber nur den Auftakt für eine eine ganze Reihe neuer Mercedes-Modelle, die ab 2026 EQA und EQB ersetzen. Und weil Nutzwert in diesem Segment vor allem im Geschäft mit Firmenkunden eine grosse Rolle spielt, ist zudem für 2027 ein geräumiger Shooting Brake angekündigt.
Kern gibt kräftig Gas und fast wie auf Schienen zieht der Wagen seine Spur die rutschige Passstrasse hoch. «Das Allradsystem basiert auf einem 200-kW-Aggregat mit Zweigang-Getriebe an der Hinterachse sowie einem 80-kW-Motor vorne», erklärt der Ingenieur. «Mit dem E-Antrieb können wir hohes Antriebsmoment immer an der Schlupfgrenze entlang ermöglichen.»
Effizienz des CLA-Antriebs: Verbrauchswerte unter 15 kWh/100 km
Effizienz, Verbrauch und Reichweite standen im Lastenhaft der Entwickler ganz oben, sagt Kern. Das sei nur mit tiefgreifenden Verbesserungen an Batterie, Motor und Karosserie machbar gewesen. Um Reibungsverluste zu minimieren, wird der vordere Motor des 4x4-Modells im normalen Fahrbetrieb komplett abgekoppelt und nur bei Bedarf blitzschnell zugeschaltet.
Ausserdem setzt Mercedes – vergleichbar zu Audi in seinen Modellen A6 und Q6 – auf Inverter, deren Siliziumtechnologie eine höhere Taktung bei gleichzeitig weniger Verlusten ermöglicht. Der Wechselrichter oder auch Inverter des E-Antriebs wandelt den Gleichstrom der Batterie für den Einsatz im Motor in Wechselstrom, schaltet vereinfacht gesagt den Strom in extrem kurzen Abständen ein und aus. Somit können die Motoren besonders effizient arbeiten.
«Wir haben in der Erprobung locker Verbrauchswerte unter 15 kWh pro 100 Kilometer herausgefahren», erklärt der Schwabe, während er auf der langen Gerade in eine Talsenke hinunter auf 100 km/h beschleunigt. Er zieht einmal am rechten Lenkstockhebel und der CLA verzögert sanft. «Die Elektronik steuert die Rekuperation intelligent und bremst den Wagen nur so stark ab, wie gerade nötig.»
Zum Antriebsprogramm des Mercedes CLA gehört auch ein Mildhybrid
Auf der Ideallinie nimmt unser Prototyp die enge Rechtskurve und Kern gibt wieder Gas. Steil zieht sich Strasse hoch zum Pass. Ob hier die anderen Versionen des CLA auch so locker hochkämen? Denn auch eine heckgetriebene Version mit 200 kW (272 PS) hat Mercedes bereits angekündigt, sowie eine Variante mit 58 kWh grosserBatterie und etwa 500 Kilometern Reichweite.
Obwohl der CLA auf einer Elektroplattform aufbaut, ist zudem ein Benziner avisiert, mit 48-Volt-Technik und einem kleinen, direkt im Doppelkupplungsgetriebe montierten E-Motor. Er ist an eine im Vergleich zu anderen Mildhybriden etwas grössere Batterie gekoppelt. Deshalb kann der Benziner auch kurze Strecken rein elektrisch fahren. Als Verbrenner kommt der neue Vierzylinder mit Modellcode M252 zum Einsatz. SP-X/AR