Mercedes CLA Hybrid: Gedenkpause beim Beschleunigen inklusive
Hanno Boblenz | 10.12.2025
Auf den elektrischen Mercedes CLA folgt nun der Verbrenner. In dem kompakten Mildhybrid steckt viel neue Technik, aber auf der Strasse überzeugt das Ergebnis nicht immer.
Es wird ja viel gemeckert über die deutsche Autoindustrie. Zu langsam, zu teuer, zu viel Vergangenheit, zu wenig Zukunft, so tönt es gern. Wie gut ein modernes Elektroauto made in Germany funktionieren kann, zeigt der neue Mercedes CLA mit 800-Volt-Technik – selten hat die Stuttgarter Marke ein neues Modell auf den Markt gebracht, das vom Start weg so viel positive Resonanz im Markt bekam.
Jetzt folgt die Mildhybrid-Variante, die auf derselben Plattform steht und den Spagat zwischen Elektroschliff und Verbrennertradition wagt. Der Hybrid sieht dem Elektro-CLA fast zum Verwechseln ähnlich: klassischer Stern im Grill, klare Linien, coupéhafte Silhouette.
Interessanter wird’s unter der Haube. Dort arbeitet ein neu entwickelter 1.5-Liter-Vierzylinder, gekoppelt mit einem im Achtgang-Doppelkupplungsgetriebe integrierten Elektromotor. Das gesamte Antriebspaket wurde eigens für diese Plattform konstruiert, erklärt Motorenentwickler Heiko Schilling. Ziel sei gewesen, «das System wirklich auf Verbrauch und Effizienz zu optimieren». Möglichst kompakt, möglichst leicht, möglichst reibungsarm.
Die elektrische Maschine liefert bis zu 22 kW Zusatzleistung und kann in allen acht Gängen Strom rekuperieren.
Allerdings zeigt der CLA Hybrid eine Charaktereigenschaft, die man mögen kann, aber nicht muss. Beim Beschleunigen wirkt der Antrieb kurz wie aus zwei Welten zusammengesetzt. Gibt man Gas, dreht der Vierzylinder hörbar hoch, doch der Schub kommt zunächst ausschließlich vom Elektromotor. Der Verbrenner läuft zwar, ist aber noch nicht mit dem Getriebe verbunden.
Erst wenn die Kupplung schliesst, übernimmt er. In diesem Augenblick, der sich besonders aus niedrigen Geschwindigkeiten bemerkbar macht, klaffen Ton und Tempo auseinander: Das Auto klingt schneller, als es tatsächlich beschleunigt. Ein Effekt, der sich anfühlt, als würde der Antrieb erst einen Gedanken fassen, bevor er sich entscheidet.
Schilling nennt die Ursache offen: Die mildhybride E-Maschine liefert nur begrenzte Leistung, gleichzeitig brauche der Verbrenner einen Moment, um mit Öl- und Kupplungsdruck an den Antriebsstrang angebunden zu werden. «Das ist die Physik des Systems», sagt er. Im normalen Alltag schleift der CLA diese Übergänge sauber aus, aber wenn es spontaner sein soll, beim Herausbeschleunigen aus engen Kurven und beim schnellen Losfahren an der Kreuzung, muss sich die Kupplungschoreografie spürbar sortieren.
Die Traditionalisten unter den Mercedes-Kunden dürften hier doch schwer schlucken.
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Dafür punktet der Hybrid dort, wo die meisten Fahrer den grössten Nutzen spüren: beim Verbrauch. Die elektrische Unterstützung arbeitet erstaunlich oft im Hintergrund, lässt den Wagen im Stadtverkehr längere Passagen ohne Verbrenner gleiten und gewinnt beim Bremsen bis zu 25 kW zurück.
Wer diszipliniert fährt, kann den CLA mit weniger als vier Litern bewegen, ein Wert, der selbst für Vollhybride mit wesentlich grösseren Akkus bemerkenswert niedrig wäre.
Möglich macht das eine kleine, aber sehr aktiv genutzte 48-Volt-Batterie, die immer wieder genug Energie speichert, um den Motor abzuschalten oder den Antrieb kurzzeitig rein elektrisch voranzutreiben.
Der Mercedes CLA 200 ist empfehlenswert, in der Schweiz ist der CLA 220 4matic gefragt
Von den CLA 180 mit 115 kW (156 PS), CLA 200 mit 135 kW (184 PS) und dem CLA 220 mit 155 kW (211 PS) empfiehlt sich die goldene Mitte. Der CLA 200 fährt sich spürbar agiler als das schwerfällige Basisaggregat, das gerne gedreht werden will.
So dürfte der 200er für das Gros der Kunden passen, während der dynamische 220 4matic über die Anforderungen normaler Alltagsanwendungen hinausgeht – vermutlich aber gerade deswegen in der Schweiz gefragt ist, der Mercedes-Konfigurator weist ihn als meistverkauftes Modell aus.
Die Lenkung aller drei Modelle reagiert präzise, das Fahrwerk wirkt kontrolliert und souverän, und auch Geräusch- und Vibrationskomfort passen.
Innen übernimmt der Hybrid die digitale Welt des Elektro-CLA: das grosse Panoramadach, der MBUX-Superscreen mit drei weitläufigen Displays und das neue MB.OS, das per Over-the-Air-Updates lernfähig bleibt. Die Navigation basiert auf Google Maps, die Assistenzsysteme sind sauber abgestimmt und unterstützen den Fahrer, ohne ihn zu bevormunden.
Dass der CLA mit Hybridantrieb kein wirklich billiges Auto wird, war zu erwarten. Die Spanne reicht vom CLA 200 für 54‘800 Franken bis zum CLA 220 4matic mit Allradantrieb für 61‘500 Franken. Der günstigste CLA mit E-Antrieb, der CLA 250+, kostet 61‘900 Franken.
Mercedes zeigt zwar, wie weit man ein Mildhybridsystem treiben kann, wenn man Effizienz und Alltag über reine Leistungsentfaltung stellt. Die bessere Wahl ist aber definitiv der Stromer. SP-X/AR
Technische Daten Mercedes CLA Hybrid
Viertürige, fünfsitzige Mittelklasse-Limousine. Länge 4.72 Meter, Breite 1.85 Meter, Höhe 1.45 Meter, Radstand 2.79 Meter, Kofferraumvolumen 405 Liter
CLA 180
Antrieb 1.5-Liter-Vierzylinder-Mildhybrid-Benziner mit 48-Volt-Technik, 100 kW (136 PS) plus Elektromotor mit 22 kW (30 PS) Systemleistung 115 kW (156 PS), maximales Drehmoment 280 Nm, Vorderradantrieb, 8-Gang-Doppelkupplungsgetriebe
Fahrleistungen 0-100 km/h 8.8 s, Höchstgeschwindigkeit 218 km/h, Normverbrauch (WLTP) 4.9 bis 5.4 Liter/100 km, CO2-Ausstoss 111 bis 123 g/km
Preis ab 54‘800 Franken
CLA 200
Antrieb 1.5-Liter-Vierzylinder-Mildhybrid-Benziner mit 48-Volt-Technik, 120 kW (163 PS) plus Elektromotor mit 22 kW (30 PS) Systemleistung 135 kW (184 PS), maximales Drehmoment 330 Nm, Vorderradantrieb, 8-Gang-Doppelkupplungsgetriebe
Fahrleistungen 0-100 km/h 8.0 s, Höchstgeschwindigkeit 232 km/h, Normverbrauch (WLTP) 4.9 bis 5.4 Liter/100 km, CO2-Ausstoss 111 bis 123 g/km
Preis ab 57‘000 Franken
CLA 220 4matic
Antrieb 1.5-Liter-Vierzylinder-Mildhybrid-Benziner mit 48-Volt-Technik, 140 kW (190 PS) plus Elektromotor mit 22 kW (30 PS) Systemleistung 155 kW (211 PS), maximales Drehmoment 380 Nm, Allradantrieb, 8-Gang-Doppelkupplungsgetriebe
Fahrleistungen 0-100 km/h 7.1 s, Höchstgeschwindigkeit 237 km/h, Normverbrauch (WLTP) 5.3 bis 5.5 Liter/100 km, CO2-Ausstoss 120 bis 123 g/km