Porsche 911 Carrera 2 (992.2) – Mehr 911 braucht niemand

Moritz Doka | 30.10.2024

Den überarbeiteten Porsche 911 kann man als perfektionierte Perfektion bezeichnen. Dabei entpuppt sich das Basismodell erneut als Geheimtipp.

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Nach fünf Jahren am Markt hat Porsche dem 911 ein Facelift gegönnt. Highlight beim 992.2 ist die Hybridisierung des GTS. Wir haben dagegen das Basismodell Carrera 2 zum Test gebeten und wieder einmal festgestellt: Mehr 911 braucht niemand, wenn er oder sie nicht gerade regelmässig Trackdays fahren.

Das ist neu beim 992.2

Zunächst klären wir, was sich zum Facelift geändert hat. Das Design wurde nur sanft angepasst und weist aerodynamisch optimierte Schürzen und Felgen auf. Die serienmässigen Matrix-LED-Leuchten haben jetzt immer die charakteristischen vier Punkte, optional sind HD-Scheinwerfer erhältlich. Am Heck gibt es schlankere Leuchten und einen angepassten Luftschacht. Scheinbar keine grossen Änderungen. Trotzdem wurden wir zweimal angesprochen, ob das der neue 911 sei und ob man mal schauen dürfe.

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Der Dreiliter-Biturbo-Boxer wurde ebenfalls optimiert, emittiert jetzt weniger CO2 und leistet 290 kW (394 PS), das sind 7 kW (9 PS) mehr als vorher. Beim Drehmoment bleibt es bei 450 Nm. Die Beschleunigung von 0 auf 100 km/h erledigt der hinterradangetriebene Carrera 2 mit Sport-Chrono-Paket in 3.9 Sekunden, ohne sind es 4.1 Sekunden. Das ist jeweils 0.1 Sekunde fixer als vorher. Die Höchstgeschwindigkeit liegt unverändert bei 294 km/h.

Drehschlüssel und Drehzahlmesser adieu

Im Innenraum gibt es zwei grosse Neuerungen. Die erste ist der Startknopf links vom Lenkrad, der den angedeuteten Dreh-schlüssel ersetzt. Keine gute Lösung, da sich der Kunststoff recht billig anfühlt und ein Hauch Verbundenheit zur Maschine verloren geht. Zweitens das volldigitale 12.6-Zoll-Cockpit. Ja, der analoge Drehzahlmesser ist damit Geschichte. Aber die hohe Konfigurierbarkeit und gestochen scharfe Darstellung ist im Alltag praktischer, und zweitens wird man die analoge Uhr höchstens im GT3 vermissen – der dafür den Drehschalter anstelle des Startknopfes behalten wird.

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Ansonsten gibt es ein verbessertes Infotainment mit tiefergreifender Smartphone-Integration und zumindest ab Werk keine Rückbank mehr, was zehn Kilogramm einspart. Rücksitze können ohne Aufpreis dazu bestellt werden.

Zwei Gesichter

Nun ist hier häufiger von «Basismodell» zu lesen. Innerhalb der 911-Hierarchie mag das stimmen. Aber erstens hat ein Sportwagen mit einem Grundpreis von 144'900 Franken so viel mit Basis zu tun wie ein BMW XM mit Sozialverträglichkeit. Zweitens kriegt man für dieses Geld das wohl kompletteste und kompetenteste Auto überhaupt. Du setzt dich rein, und alles passt, von den Sitzen bis zur Sitzposition. Der Carrera ist so umgänglich zu fahren wie der Golf, dessen Gegenwert an Extras im Lugano-blauen Testwagen steckt. Nichts ist spitz oder laut, alles geht einfach und locker von der Hand. Fahrwerk und Dämmung halten alles draussen, was nicht nach innen dringen soll.

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Dann gibst du dem Carrera die Sporen, und sofort ist alles hellwach. Das Getriebe schaltet runter, der Motor reagiert auf den kleinsten Pedalbefehl. Fahrwerk und Lenkung, gerade noch soft und unauffällig, vermitteln jetzt echtes Sportwagenfeeling, straff, aber ohne übertriebenen Hang zur Härte. Und all das, ohne überhaupt den Fahrmodus geändert zu haben. Porsche muss diesem Auto telepathische Fähigkeiten antrainiert haben. Diese vorausschauende Wandelbarkeit bietet kein anderer Sportwagen, geschweige denn überhaupt ein anderes Auto.

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Mit Schmackes drückt es einen bei Kickdown in den Sitz, während das Getriebe ohne Zugkraftunterbrechung schaltet und der Boxer von hinten sein Lied sägt. Mehr Leistung kann man im Alltag nicht nutzen. Ja, im Turbo geht alles noch schneller, im GT3 noch unmittelbarer. Aber das sind Ausprägungen in eine bestimmte Richtung mit Kompromissen in eine andere. Der Carrera 2 bietet von allem genug, von nichts zu viel, und ist voll alltagstauglich. Mit dem grossen 84-Liter-Tank sind knapp 1000 Kilometer Reichweite möglich, den Verbrauch haben wir auf der Autobahn locker unter 10 l/100 km gedrückt. Wem der Stauraum unter der Frontklappe und hinter den Sitzen nicht reicht, kann sich sogar Ski- und Fahrradträger bestellen. Selbst ein Heckscheibenwischer steht in der Aufpreisliste.

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Man könnte auch den Allradler bestellen, aber der Hecktriebler hat Traktion genug. Einzige Überlegung wäre der Carrera T mit Handschaltung, der hoffentlich auch vom 992.2 wieder angeboten werden wird und den Fahrspass bei gleichbleibender Leistung noch etwas anhebt.

Ein «Problem» bleibt

Aber so, mit viel Ausstattung veredelt, ist der 911 Carrera das perfekte Alltagsauto für vermögende Paare. Man ist überall gut angezogen, ein normaler 911 Carrera fällt nie unangenehm auf. Das ist vielleicht das einzige Problem dieses Autos: Die Nachbarn werden denken, man habe sich den Turbo nicht leisten können oder wollten und man wissen, dass man «nur» das Basismodell bestellt hat. Wie wenig Ahnung die doch haben.

Technische Daten Porsche 911 Carrera 2 (992.2)

Karosserie
Fahrzeugsegment S Sportwagen
Länge 4542 mm
Breite 1852 mm
Höhe 1298 mm
Radstand 2450 mm
Sitzplätze 2 (optional 2+2)
Leergewicht (mit Fahrer) 1595 kg
Gesamtgewicht 1860 kg
Kofferraum vorne 135 l
Kofferraum hinter Sitzen 373 l
Zuladung 265 kg
Dachlast 75 kg
Wendekreis 10.9 m
Reifengrösse 235/40 R19 (v), 295/35 R20 (h)
Antrieb
Motor Bauart Ottomotor
Zylinder B6
Hubraum 2981 ccm
Motorkonstruktion 4 Ventile/Zylinder, DOHC, Direkteinspritzer
Aufladung Biturbo
Bohrung x Hub 91x76.4 mm
Verdichtung 10.2:1
Antrieb RWD
Getriebe DCT 8
Leistung 290 kW/394 PS
– bei Drehzahl 6500 U/min
Max. Drehmoment 450 Nm
– bei Drehzahl 1950 U/min
Fahrleistungen und Verbrauch
0-100 km/h 4.1 s (3.9 s mit Sport-Chrono-Paket)
Höchstgeschwindigkeit 294 km/h
Tankinhalt 63 l (optional 84 l)
Verbrauch 100 km 10.7–10.1 l (Test: 10.9 l)
CO2-Emission 244–230 g/km
Preis
Grundpreis 144'900 Franken (Testwagen: 189'790 Franken)

Bildergalerie Porsche 911 Carrera 2 (992.2)

Fotos: Leon Elmazov, Automobil Revue

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