Porsche Taycan GTS Sport Turismo im Test: Mehr Nische geht nicht
Moritz Doka | 18.12.2025
Die Sportversion eines elektrischen Kombis von Porsche: Viel weiter in die Nische lässt sich ein Auto nun wirklich nicht drängen. Toll, dass Porsche sowas überhaupt baut, für solche Nischenmodelle haben wir eine Schwäche. Aber findet der Porsche Taycan GTS Sport Tourismo überhaupt seinen Platz?
200 Porsche Taycan wurden in der Schweiz von Januar bis November 2025 zugelassen. Dafür, dass die Restwerte auf dem Gebrauchtwagenmarkt geradezu obszön niedrig sind, ist das gar nicht schlecht. Aber jetzt halten Sie sich fest: Diese 200 Autos teilen sich auf 22 (!) Modellvarianten auf. Leider weist die Statistik nicht aus, wie viele Exemplare von welchem Modell verkauft wurden.
Die Kundschaft kann wählen zwischen der Limousine, dem Kombi namens Sport Turismo und dessen höhergelegter Version, dem Cross Turismo. Danach hat man die Wahl zwischen unzähligen Antriebs- und Leistungsvarianten, die je nach Karosserieversion von 300 kW (408 PS) bis 760 kW (1034 PS) reicht. Es ist ein bisschen wie bei Tibits: Teuer, viel Auswahl – und ein bisschen macht man es auch fürs gute Gewissen.
Der GTS Sport Turismo als Sweet Spot?
Die beiden Enden des Spektrums – sprich die Basis-Limousine und den absurden Taycan Turbo GT mit Weissach Paket – haben wir bereits getestet. Was aber, wenn man es sportlich, aber nicht ganz so abgefahren und dabei ein kleines Bisschen mehr Alltagstauglichkeit möchte? Ein sehr spitzer Use Case, zugegeben, doch genau den deckt der Taycan GTS Sport Turismo ab. Der Kombi bietet zwar nominell nur 39 Liter mehr Kofferraumvolumen. Allerdings lässt sich das Abteil dank der grossen Öffnung einfacher beladen und bei umgeklappten Rücksitzen auf bis zu 1171 Liter erweitern.
Optisch macht der «Taycan Gran Turismo Sport Sport Turismo», wie das Auto mit ausgeschriebenem Kürzel tatsächlich hiesse, mit seinen schwarzen Akzenten noch mehr her als die anderen Taycan, vor allem in Kombination mit der Lackierung in Karminrot. Auf ein besonders sportlich akzentuiertes Bodykit muss man beim GTS verzichten.
Sportlich gestalteter Innenraum
Innen trägt der GTS seine dynamischen Ambitionen dann offensichtlicher zur Schau. Das Cockpit hüllt sich in eine Kombination aus Mikrofaser, Leder, roten Ziernähten und Carbonzierteilen. Wie alle Taycan ist auch der GTS hochdigital, was nicht immer von Vorteil ist. Die Klimaeinstellungen über den separaten Touchscreen sind umständlich und ablenkend, genauso wie die Verstellung der elektronisch angesteuerten Lüftungsdüsen via Bildschirm.
Echtes Porsche-Feeling
Zwei Dinge reissen es aber im positiven Sinne heraus. Erstens die enorm bequemen und gut stützenden 18-Wege-Sportsitze, zweitens das kreisrunde, perfekt in der Hand liegende Lenkrad mit echten Tasten. Die Sitzposition ist fast auf den Punkt, nur nicht ganz so tief wie im 911. In Summe liefert der Taycan aber schon im Stand ein Feeling, wie es nur ein Porsche kann.
So schnell, dass einem schlecht wird
Beim Druck auf den Startknopf ertönt ein sanftes Wummern aus den Lautsprechern, das man deaktivieren kann (und sollte, wenn Sie uns fragen). Sanft ist dann sowieso nichts mehr, wenn man aufs Fahrpedal tritt. Launch Control im 700 PS starken Taycan GTS ist naturgemäss nicht so heftig wie im Turbo GT, hat aber noch immer das Potenzial, bei zu vielen Wiederholungen die Kotztüten zu füllen. Besonders lustig wird es beim Überholen dann, wenn man den Boost-Knopf drückt – das hat Computerspiel-Charakter.
Sein volles Potenzial entfaltet der Taycan beim Bremsen und in Kurven – vorausgesetzt, Sie haben die Hinterachslenkung und das Aktivfahrwerk bestellt. Beides zusammen schlägt mit 13'380 Franken zu Buche, idealerweise kombiniert mit den Sportreifen für 730 Franken. Das Active-Ride-Fahrwerk ist straff und gibt gleichzeitig nicht die geringste Bodenunebenheit in den Innenraum durch – ein unwirkliches Fahrgefühl.
So ausgestattet hält das Fahrwerk die Karosserie in Kurven in der Waagerechten oder kippt sie hinein, die Hinterachslenkung stabilisiert die Fuhre, verkleinert Kurvenradien, und alles in Kombination fühlt sich nach Zauberei und nach deutlich weniger als 2.4 Tonnen an. Etwas distanziert zwar, aber unheimlich effektiv.
Irgendwann überlistet die Physik auch den Taycan GTS. Aber der Durchschnittsfahrer gibt schon viel früher auf; das Auto ist dermassen schnell, dass einem unweigerlich schlecht wird. Man muss aber nicht ans Limit, um echtes Porsche-Fahrgefühl zu geniessen. Das vermittelt vor allem die schlicht perfekte Lenkung, die neben dem Fahrwerk das zweite Highlight ist.
Muss es der GTS sein?
Ein unheimlich fähiges Auto also, das unter realen Bedingungen – also abseits der Rennstrecke – nicht langsamer ist als ein Taycan Turbo S oder Turbo GT. Nur: Das gilt auch für den Basis-Taycan, der darüber hinaus nicht weniger Porsche-Feeling bietet, das hier eben nicht vom Antrieb herkommt, und kostet auch noch deutlich weniger. Ein grundsätzlich anderes Fahrgefühl bietet der GTS nicht, weshalb die allermeisten Menschen auch mit den günstigeren Taycan-Versionen glücklich würden. Aber der GTS hebt das in jedem Taycan schlummernde Potenzial noch einmal auf ein neues Level.