Werner J. Haller | 08.10.2024
Die Saison 2024 hatte sich Marcel Steiner ganz anders vorgestellt. Zu früh blickte der 49-jährige Schweizer Meister schon auf das Jahr 2025.
Ende August beim Bergrennen in Oberhallau hatte sich der Frust bei Marcel Steiner sichtlich gelegt. Der Berner fuhr nicht um Bestzeiten, er beförderte als Taxifahrer von einem BMW M135 Gäste im schnellen Tempo den Berg rauf. «Ich habe immer auch auf die gestoppte Zeit geschielt und meinen Passagieren erklärt, dass ich hier normalerweise bis zu 30 Sekunden schneller bin. Das imponierte ihnen schon», erzählt Steiner.
Beim fünften von sieben Läufen zur Berg-SM 2024 war der Titelverteidiger schon längst keiner mehr. Schon beim Saisonauftakt Anfang Juni in Hemberg hatte Steiner bereits nach dem zweiten von fünf Trainingsläufen zusammengepackt. In beiden hatte er über vier Sekunden auf die Spitzenzeiten des späteren Schweizer Meisters Robin Faustini verloren.
Der Tropfen zu viel
Der Helftec-Honda-Turbomotor in seinem Sportwagenprototypen machte Probleme. Es war der berühmte Tropfen zu viel, nachdem bei Testfahrten in Bresse (F) und später beim Bergrennen im österreichischen Rechberg die Aerodynamik des Lobart nicht funktioniert hatte. «Der Titelgewinn im Vorjahr hatte mich sehr motiviert. Meine Stimmung ist aber mittlerweile gekippt», sagte Steiner zur AUTOMOBIL REVUE. Ende Juli hatte der Berner Garagist die Zusammenarbeit mit dem italienischen Karbonteilebauer Lobart nach über sieben Jahren beendet. Nebst der aerodynamisch unpassenden Karosserie hätten auch Meinungsverschiedenheiten zwischen den Parteien dazu geführt, erklärte Steiner auf seiner Homepage.
«Prinzipiell würde ich lieber in einem konkurrenzfähigen Auto um
Bestzeiten fahren als Taxichauffeur zu spielen», meinte Steiner Ende
August in Oberhallau. «Aber ich habe mich mit der Situation arrangiert,
ich kann die Situation nicht ändern.» Als Rennfahrer dagegen blickte er
schon auf das kommende Jahr. Gar vom Rücktritt, wie er im Frust nach dem
zu frühen Saisonende einmal sprach, redet Steiner heute nicht mehr. «Es
reizt mich schon, nochmals zu fahren. Aber man muss auch bedenken: Ich
werde nächstes Jahr 50-jährig. Da fragt man sich schon, ob man nochmals
so viel Geld und Zeit in ein grosses Projekt investieren will», sagt er.
Trotzdem: Er will!
Revolt oder Nova
Ein neues Auto müsse her, aber ein Lobart sei kein Thema mehr. Auch Osella hat sich erledigt. Aber da sind ja auch noch andere Sportwagenprototypen wie Revolt und Nova. Steiner stimmt zu, er habe einen Plan. «Ich weiss schon, ich welche Richtung ich gehen will. Aber einerseits muss es nun schnell gehen. Andererseits sind in ein solches Projekt immer mehrere Parteien involviert, was die Sache jeweils nicht einfacher macht.» Steiner stellt aktuell mehr in Frage, ob er 2025 um den Titel fährt. «Die Motivation habe ich.» Ein neues Auto bringt aber auch Arbeit mit sich, die sich über eine Saison ziehen kann. Muss sie aber nicht, auch Faustini stieg erst dieses Jahr von einem Osella auf den Nova NP01 um. Mit Erfolg.