Radikal vereinfachter Kabelbaum und vier Hochleistungsrechner: die Elektronik in der Neuen Klasse von BMW
Automobil Revue | 18.03.2025
Die Steuergeräte in der Neuen Klasse bringen 20 mal mehr Rechenleistung als die aktuellen Modelle von BMW. Das wird durch eine neue Elektronikarchitektur ermöglicht, die beim Kabelbaum rund 600 Meter verlegte Kabel und damit 30 Prozent Gewicht einspart.
Erstes Modell der Neuen Klasse von BMW: das SUV, das noch in diesem Jahr seinen Marktstart hat
Zonale Kabelbaum-Architektur nennt der Automobilhersteller sein komplett neu entwickeltes digitales Nervensystem für alle Antriebsvarianten und Fahrzeugsegmente. Es ist nach Aussage des deutschen Hersteller «intelligenter, leistungsfähiger und effizienter» und kommt erstmalig in den Modellen der Neuen Klasse zum Einsatz.
Vier Hochleistungs-Computer, Superbrains genannt, bündeln die Rechenleistung für Infotainment, automatisiertes Fahren, Fahrdynamik und Basisfunktionen (Fahrzeugzugang, Klima und Komfort). Die vier Superbrains bringen gegenüber der aktuellen Fahrzeuggeneration «weit mehr als die 20-fache Rechenleistung», so BMW.
Damit seien sie in ihrer Leistungsfähigkeit schon für kommende Software- und Funktionsupdates einschliesslich KI-Features ausgelegt.
De Entwicklung der Fahrzeuge und der Software kann entkoppelt werden
«Beginnend mit dem ersten Modell der Neuen Klasse rollen wir ab Jahresende die Technologien der Neuen Klasse ins komplette künftige Modellportfolio aus – über alle Segmente und alle Antriebsarten», sagt der scheidende Entwicklungsvorstand von BMW, Frank Weber. «Diese Architektur erlaubt es uns, die Entwicklung von Fahrzeug und Software voneinander zu entkoppeln.»
Elementarer Bestandteil des digitalen Nervensystems für die neue Generation an Elektrofahrzeugen ist der radikal vereinfachte Kabelbaum. Die zonale Kabelbaum-Architektur kommt mit 600 Metern weniger Kabeln aus und spart somit 30 Prozent Gewicht gegenüber der Vorgängergeneration. Der Kabelbaum ist in vier Zonen unterteilt: Vorderwagen, Rumpf, Heck und Dach.
Die Superbrains sind über Highspeed-Datenverbindungen mit kleineren Steuergeräten, den Zonen-Controllern, vernetzt. Diese steuern und bündeln den Datenfluss der Elektronik. Die Kabel im Fahrzeug sind also zonenbezogen und können dadurch kürzer, dünner und leichter sein.
Eine entscheidende Voraussetzung für dünnere und leichtere Kabel sind die sogenannten digitale Sicherungen, Smart eFuses genannt, die bis zu 150 klassische Schmelzsicherungen ersetzen. Smart eFuses können für die digital gesteuerte Energieverteilung auf Komponenten intelligent programmiert werden.
Die selektive Aktivierung von Komponenten ermöglicht es, intelligente Powermodi für verschiedene Fahrzeugzustände wie Fahren, Parken, Laden und Upgraden zu entwerfen, in denen zielgerichtet nicht benötigte Verbraucher abgeschaltet werden. Die eFuses leisten somit einen wesentlichen Beitrag für die um 20 Prozent verbesserte Energie-Effizienz.
Die komplett neu entwickelte Elektronik-Architektur bildet die Grundlage für das softwaredefinierte Fahrzeug der nächsten Generation. Denn auf ihr setzt die weiterentwickelte Software-Architektur des Konzerns auf.
Bei der Fülle digitaler Funktionen im Software Defined Vehicle ist es entscheidend, dass Funktionen nicht immer neu entwickelt, sondern auf stabilen Software-Plattformen stetig weiterentwickelt werden können.
Neue Klasse: 500 Millionen Zeilen Softwarecode müssen integriert werden
«Mit der Einführung der Neuen Klasse kommen wir bei der Software-Entwicklung in einen Modus, in dem wir Software-Kontinuität erreichen», sagt Christoph Grote, Leiter BMW Group Elektronik und Software. «Unsere Software-Entwickler können sich stärker als je zuvor auf Produktinnovationen konzentrieren», sagt Grote.
Die globalen Entwicklungsteams generierten heute täglich 130 mal mehr Software als noch vor zehn Jahren.
Für die Neue Klasse arbeiten die Entwickler-Teams an weit über 1000 Software-Modulen, in über 20 Gigabyte Software und über 500 Millionen Zeilen Programmcode, die im Fahrzeug integriert werden.
Das Herzstück der Fahrzeugsoftware-Entwicklung ist die integrierte Entwicklungsumgebung: eine massgeschneiderte Tool-Kette namens «CodeCraft».. CodeCraft läuft in der Cloud auf bis zu 75'000 virtuellen Prozessoren und unterstützt das gleichzeitige Arbeiten von weit über 10'000 Software-Entwicklern.