Beim Doppellauf zur Schweizer Slalommeisterschaft in Ambri sicherten sich Philip Egli und Lionel Ryter (Foto) je einen Tagessieg. Die schnellen Formel-Haudegen sind im Titelkampf aber im Hintertreffen. Ein Renault-Clio-Pilot führt die Meisterschaft an.
Der erste Sieg ist immer der schwierigste, sagen Sportler gerne. Vielleicht ist aber der zweite Sieg noch schwieriger zu erreichen, weil ein Sportler beweisen will, dass der erste Sieg kein Zufall war. Lionel Ryter hat innerhalb einer Woche beide Hürden gemeistert. Vorletztes Wochenende gewann er ein Rennen beim Doppellauf zur Schweizer Slalommeisterschaft in Bière, am Sonntag des Doppellaufs in Ambri siegte der Walliser zum zweiten Mal.
Im Fall des jungen Sportlers Ryter war es aber wohl weniger der Kopf, der ihm im Weg stand. «Ein Schlag wegen einer Unebenheit, eine Kurve – plötzlich stellte der Motor einfach ab», sagte Ryter diese Saison noch an jedem Wochenende mit Läufen zur Slalom-SM, auch schon beim Auftakt in Frauenfeld am letzten Aprilwochenende. Ryter und sein Team waren ratlos, sie konnten sich die Aussetzer des Formel-Boliden Tatuus-Renault 2.0 nicht erklären.
Philip Egli: Am Samstag Sieger der Gesamtwertung.
Lionel Ryter: Am Sonntag mit dem zweiten Karrieresieg.
Yves Hängärtner: In Ambri zwei Mal Dritter im Tagesklassment.
Das erste Rennen am Samstag in Ambri, dem vierten Lauf der diesjährigen nationalen Meisterschaft, gewann Slalomrekordsieger und Titelverteidiger Philip Egli. Im ersten von zwei Durchgängen hatte der Glarner mit einer Laufzeit von 1:23.74 Minuten nur 0.2 Sekunden Vorsprung auf Ryter. Im zweiten und entscheidenden Durchgang war Egli langsamer, aber Ryter blieb erneut stehen.
«Im ersten Durchgang lief das Auto rund. Der knappe Rückstand auf Philip erklärt sich mit meiner Nervosität, ich machte noch zu viele Fehler.» Egli wäre parat gewesen für einen Angriff von Ryter: «Den zweiten Durchgang musste ich wegen eines stehenden Konkurrenten wiederholen. Es hätte gepasst, ich war schneller als im Lauf zuvor. Aber Wiederholungsläufe taugen nichts. Zu viel Schmutz an den Reifen und deshalb zu wenig Haftung.»
Egli und der fehlende sechste Gang
«Ein sechster Gang wäre gut», meinte Philip Egli tags darauf vor dem Rennstart zum fünften SM-Lauf. Ryter hatte im Training die Laufzeit auf 1:20.57 Minuten gedrückt und war damit satte 1.31 Sekunden schneller als Egli. Aber vor allem hatte Ryter endlich das Problem gefunden, weshalb sein Auto mit Namen Eva stets «rumzickte». Schuld war der Motorcomputer, das Team hatte das ECU zum Sonntagsrennen ausgetauscht.
Alessandro Grispino: Der Renault-Clio-Pilot ist auf Titelkurs.
Christian Bartlome: Auch der VW-Polo-Pilot liegt in der Slalom-SM vor Egli, Ryter und Co.
Die Reifen hatte Ryter allerdings schon für das Rennwochenende in Ambri gewechselt. Nicht etwa alte Pneus gegen neuen, auch ein Markenwechsel stand nicht an. Der Walliser hatte seiner «Eva» für das schnelle Rennen im Tessin breitere Finken aufgezogen. «Vorne sind nun 250 Millimeter breite Reifen drauf, hinten sind es 300 Millimeter. Zuvor waren sie je 50 Millimeter schmaler, so wie bei Egli», erklärte Ryter.
Egli mit seinem Dallara-F3 hatte am Sonntag die Bestzeit noch auf 1:20.47 Minuten gedrückt. Bei Ryter blieb die Uhr 0.34 Sekunden früher stehen. Am Samstag hatte Egli seinen 57. Tagessieg bei einem Lauf zur Schweizer Slalommeisterschaft gefeiert, am Sonntag freute sich Ryter über seinen zweiten Gesamterfolg. Der Kampf um Tagessiege ist spannend wie viele Jahre nicht mehr – aber die zwei schnellsten Piloten stehlen sich wichtige Punkte im Titelkampf.
Der Überraschungsleader der Slalom-SM
Egli hat nach fünf von sieben SM-Slaloms 90 Punkte, Ryter deren 85. Egli liegt vor den abschliessenden Slaloms am Wochenende in Bure und am 22. Juni in Chamblon auf Zwischenrang drei, Ryter nur auf Rang fünf. Angeführt wird die Slalom-SM von Alessandro Grispino, der Pilot eines Renault Clio weist als einziger Pilot das Punktemaximum von 100 auf. Fünf Zähler zurück liegt Christian Bartlome mit seinem VW Polo. Grispino hat gute Chancen, muss aber auch hoffen, dass er in seiner Klasse A-IS/A genügend Gegner, um die vollen Punkte zu bekommen.
Sandro Morros: Zwei Mal schnellster Tourenwagenpilot in Ambri.
Auch Yves Hängärtner wäre ein Titelkandidat. Er könnte bei 100 Punkten stehen, es sind aber nur deren 80, weil der Berner mit seinem gewaltigen GP3-Boliden in Bière einen Nuller geschrieben hatte. In Ambri war er an beiden Tagen Dritter des Tagesklassements. Der Berner hatte im Vorfeld der Ambri-Rennen auf mehr gehofft, aber die neue Reifenmarke machte nicht mit, «es dauert zu lange, ehe ich guten Grip habe».
Abwechslungsreicher als bei den Rennwagen ist in dieser Saison der Kampf um den besten Tourenwagenpiloten. In Frauenfeld hatte Matthias Bischofberger (Porsche 997 GT3 Cup) gebjubelt, ehe er sich um sein junges Geschäft kümmern musste. In Bière gewann am Samstag Martin Oliver Bürki mit seinem neuen BMW 320is, tags darauf feierte Christoph Zwahlen in seinem neuen Porsche GT3 Cup R den ersten Sieg seit 2013. In Ambri schrieb sich mit Sandro Morros und dessen Porsche 991 GT3 Cup wieder ein neuer Sieger ein.
Morros hält noch mit
Morros doppelte aber am Sonntag nach, der Berner Seeländer hat dieses Saison somit bisher am meisten Tourenwagensiege geholt. In Ambri hatte Morros 2019 letztmals gesiegt – mit demselben Auto wie am vergangenen Wochenende. «Ich bin auch schon rund 30 Jahre dabei, aber die letzten Jahre hatte ich mich auf LOC- und Rundstreckenrennen konzentriert. Nun wollte ich wissen, ob ich in der Slalom-SM noch mithalten kann», sagte Morros nach seinem Doppelsieg im Tessin und schmunzelte.
Starkes Saisondebüt: Reto Steiner im Ford Escort Egmo.
Starkes Saisondebüt: Christian Bralla im Fiat X1/9.
In Ambri zwei Mal in den Top Ten: Danny Krieg im VW Golf Turbo.
In Ambri zwei Mal in den Top Ten: Stephan Burri im VW Scirocco.
Am nächsten kamen ihm Reto Steiner und Christian Bralla. Steiner erschien mit seinem Ford Escort Egmo zum Roll-out für die Bergsaison: «Ich hatte nicht viel Zeit über den Winter, deshalb habe ich mich nur auf das Fahrwerk konzentriert.» Bralla zeigte sich und seinen ikonischen Fiat X1/9 erstmals in dieser Saison bei einem Slalom. Neben Morros und Bralla klassierten sich auch Stephan Burri (VW Scirocco) und Danny Krieg (VW Golf Turbo) an beiden Renntagen in den Top Ten.